SPD Zollernalb

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Interview mit Juso-Gemeinderätin Lara Herter

Veröffentlicht am 08.09.2014 in Pressemitteilungen

Die Jungsozialistin Lara Herter ist nach der Kommunalwahl im Mai 2014 eine der neuen jungen SPD-Mandatsträger im Zollernalbkreis. Im Interview mit dem Juso-Kreisvorsitzenden Sanel Dacic spricht Lara über ihren Einzug, politisches Engagement und aktuelle kommunale Themen.

Sanel Dacic: Liebe Lara, Du bist die jüngste Gemeinderätin in Albstadt. Wie groß war die Überraschung über Deinen Einzug?

Lara Herter: Um nun ehrlich zu sein, ich rechnete während keiner Minute ernsthaft damit, in das Gremium einzuziehen. Ich hatte voller Visionen und Euphorie Wahlkampf geführt, aber ich wollte realistisch sein und dachte mir: „Eine links gesinnte Schülerin ist wohl kaum die Idealvorstellung des Albstädter Durchschnittswählers.“ Dass ich mit dieser Einschätzung zumindest teils falsch lag, ist für mich bis heute erstaunlich.

Sanel Dacic: Wie haben Deine Freunde und Bekannten reagiert?

Lara Herter: Am Montag nach der Kommunalwahl beschäftigte ich mich zunächst nicht mit Wahl-, sondern mit Prüfungsergebnissen: An diesem Morgen wurden die Abiturnoten bekannt gegeben, ich verbrachte den Tag in der Schule. Nachdem ich die Wahlresultate erfuhr, versammelten sich einige Klassenkameraden um mich, die Lehrer jubelten mit uns. Kurzzeitig war es mir dann unmöglich, alle WhatsApp- und SMS-Glückwünsche zu beantworten. Doch ich will betonen, dass ich nicht nur nach, sondern ebenso vor der Wahl auf Unterstützung bauen konnte – meine Freunde und meine Familie waren die besten Wahlhelfer.

Sanel Dacic: Du hast deine erste Sitzung hinter Dir – welchen Eindruck hattest Du von dieser?

Lara Herter: Diesen Eindruck zu beschreiben, ist nicht ganz einfach. Zunächst verlangte jene Sitzung eine große Umstellung von mir: Plötzlich war ich nun nicht mehr Zuschauer, sondern durfte unter den restlichen Räten meinen eigens zugedachten Platz einnehmen. Ferner war es spannend, mitstimmen, mitentscheiden zu dürfen.Vordergründig musste ich aber die Erkenntnis gewinnen, dass es noch vieles zu lernen gibt. Angefangen bei den Verhaltensregeln während dem Plenum, bis hin zu Basiswissen über Bebauungspläne und Jahresabschlüsse. Im Verlauf der Diskussionen zu den Tagesordnungspunkten konnte ich längst nicht alles verstehen.

Sanel Dacic: Die meisten deiner Kolleginnen und Kollegen, mit denen Du im Gemeinderat sitzt, sind etablierte Kommunalpolitiker, die bereits sehr lange dabei sind. Hast Du das Gefühl, von ihnen ernst genommen zu werden?

Lara Herter: Von den meisten Räten wurde ich freundlich im Gremium begrüßt, mit anderen habe ich noch nicht persönlich gesprochen. Es ist schwer einzuschätzen, ob einige Stadträte mein Alter beziehungsweise meine bescheidenen Erfahrungswerte eventuell doch als Hindernis betrachten. Schlussendlich muss und möchte ich mir den Respekt meiner Ratskollegen verdienen. An der notwendigen Beharrlichkeit wird es mir mutmaßlich nicht fehlen.

Sanel Dacic: Lara, wie bist Du eigentlich zu den Jusos und der Politik im Allgemeinen gekommen?

Lara Herter: Das ist eine gute Frage – wie bin ich zur Politik gekommen? Ich habe recht früh begonnen, mich für Tierrechte zu interessieren, später dann für umwelt- und energiepolitische Themen. Vor etwa acht Jahren trat ich der damals neu gegründeten Albstädter Greenpeace-Gruppe bei, dadurch entstand Kontakt zur Anti-Atom-Bewegung. Ich war ein regelrechter Dauer-Demonstrant, protestierte gegen die Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke, aber auch gegen Stuttgart 21, gegen Neonaziaufmärsche. Parallel dazu habe ich viel gelesen, rasch freundete ich mich mit sozialdemokratischer Lektüre an: Ich war fasziniert von den Memoiren Egon Bahrs und Willy Brandts, von den Reden August Bebels. Anfang 2013 wurde ich SPD-Mitglied, es ergab sich, dass ich in Folge aktiv bei den Jusos wurde.

Sanel Dacic: Was hat Dich überhaupt bewogen, in die Kommunalpolitik einzusteigen?

Lara Herter: Auf dieser politischen Ebene lässt sich einfach mehr bewegen! In der Vergangenheit habe ich oft Leserbriefe für die regionalen Zeitungen verfasst, war Mitglied von Albstädter Bürgerinitiativen. Es war immerzu deutlich, dass die Zuständigen Kritik unmittelbar spüren – logisch, der Abstand zwischen Bürgerschaft und Politik ist wörtlich geringer. Ein schönes Beispiel war die drohende Schließung von Hallenbädern im Jahr 2010: Zahlreiche Albstädter organisierten sich und verhinderten die Schließung. Zwar habe ich durch den Einzug in den Gemeinderat sozusagen die Seiten gewechselt, doch genau diese Nähe zu den Bürgern, die Option, vor der eigenen Haustür etwas zu verbessern: Das reizt mich an der Kommunalpolitik.

Sanel Dacic: Nehmen die jungen Menschen in Albstadt die Arbeit des Gemeinderates überhaupt wahr?

Lara Herter: Nur sehr beschränkt, aber das ist nicht verwunderlich. Es mangelt schlicht an Informationsmöglichkeiten und Transparenz. Bundes- oder landespolitische Themen werden in zahlreichen Zeitungen und Nachrichtensendungen behandelt, auf Twitter und Facebook kontrovers diskutiert. Diese mediale Aufmerksamkeit fehlt dem Gemeinderat natürlich, der Zollern-Alb-Kurier und der Schwarzwälder Bote sind nun mal nicht die alltägliche Lektüre des jungen Albstädters. Es müsste selbstverständlich sein, dass öffentliche Unterlagen im Internet zugänglich sind. Beispielsweise in Form eines Ratsinformationssystems. Außerdem sollten Tagesordnungspunkte, die Jugendliche unmittelbar betreffen, künftig auf der Facebookseite der Stadtverwaltung beworben werden. Eventuell durch kostenpflichtige Anzeigen, diese erreichen bemerkenswert viele Menschen und sind finanziell erschwinglich.

Sanel Dacic: Mit welchen Themen befasst Du Dich gerade?

Lara Herter: Momentan stehe ich im Einsatz des Fairen Handels – in meinem Heimatteilort frage ich in Geschäften nach zum Verkauf stehenden Fair-Trade-Produkten und versuche, die Inhaber vom Wert des Fair-Trade-Siegels zu überzeugen. Es ist mir ein großes Anliegen, dass Albstadt sich in die Reihe der Fair-Trade-Towns eingliedert: Bewohner von Industrienationen konsumieren immer billigere Produkte aus Entwicklungsländern, in Albstadt ist das nicht anders. Doch als Gemeinde, als kleine Einheit neigen wir leider oftmals dazu, uns aus der Verantwortung zu stehlen. Initiativen in Fair-Trade-Towns dagegen betreiben Aufklärung, sie bieten in teilnehmenden Läden und Restaurants Alternativen an. Jene solidarische, moderne Botschaft sollte auch in Albstadt verkündet werden. 

Außerdem beschäftige ich mich mit der mittlerweile 35 Jahre andauernden Städtepartnerschaft zwischen Albstadt und Chambéry. Diese deutsch-französische Freundschaft wird zurzeit allerdings mehrheitlich von älteren Bürgern gepflegt. Ich möchte junge Menschen für die Partnerschaft begeistern und überlege mir deshalb, auf welchen Kanälen das funktionieren könnte: Jugendverbände sollten miteinander vernetzt werden, unter anderem beispielsweise die Jusos in Albstadt und die Jeunes Socialistes in Chambéry. Auf alle Fälle muss der Schüleraustausch wieder belebt werden.

Sanel Dacic: Für was wirst Du Dich in den kommenden fünf Jahren stark machen? Was liegt dir am Herzen?

Lara Herter: Drei Themenbereiche sind mir im Besonderen wichtig:

Erstens – Partizipation. In Albstadt existieren zu wenige Angebote, sich außerhalb von Schule und Parteien mit den im Gemeinderat diskutierten Sachverhalten auseinanderzusetzen. Das initiierte „Jugendforum“ spricht ausschließlich Schülersprecher und weitere SMV-Mitglieder an, ignoriert also andere interessierte Schüler und ebenso Auszubildende, Studenten, Berufsanfänger. Des Weiteren ist noch nicht einmal genau definiert, über was dieses Forum entscheiden soll.

Die schlechtesten Maßnahmen sind immer jene, die falsche Erwartungen erzeugen. Oder, noch schlimmer, die wie im Fall des Jugendforums überhaupt keine Erwartungen erzeugen. Wir stehen in der Pflicht, junge Menschen zu politischem Interesse zu motivieren. Dies könnte gelingen, wenn die jungen Albstädter künftig auf offenen Jugendversammlungen kommunale Projekte erörtern. Wenn ein gewählter Jugendgemeinderat die Wünsche der jungen Altersgruppe formuliert. Und, vor allem, wenn sich Jugendliche in ihrem Einsatz ernstgenommen fühlen.

Übergeordnet müssen aber nicht nur die Möglichkeiten der Jugend-, sondern gleichwohl der allgemeinen Bürgerbeteiligung ausgeweitet werden: In der Gemeindeordnung ist verankert, dass in jeder Kommune jährlich mindestens eine Bürgerversammlung abgehalten werden soll. Jedoch halten sich die wenigsten Gemeinden an jenen Grundsatz. Albstadt könnte diesbezüglich eine Vorbildrolle einnehmen. Zumal: Diskussionspunkte gäbe es zur Genüge.

Zweitens – Kultur. Kulturell Tätige wie Interessierte haben in Albstadt keinen einfachen Stand: Vor allem jungen Menschen wird wenig geboten. Für Konzerte und ähnliches stehen wenige Räumlichkeiten zur Verfügung, die oftmals für junge Künstler finanziell nicht erschwinglich sind. In diesem Jahr erst wurden ferner die Entgelte der Jugendmusikschule erhöht.

Ich weiß, der Kulturbereich eignet sich in den Augen vieler wunderbar als Sparmöglichkeit. Er scheint nicht essentiell. Doch die -trotz aller Widrigkeiten- vielen kulturell engagierten Albstädter beweisen die breite Unterstützung der Bevölkerung. Deshalb muss sich die Gemeinde ebenfalls in der Pflicht sehen. Meine kulturelle Vision verbindet folglich städtisches und bürgerschaftliches Engagement: Albstadt sollte einen der vielen Leerstände kaufen und ihn als Kulturzentrum zur Verfügung stellen. Ein Verein könnte das Gebäude verwalten und Veranstaltungen organisieren: Jamsessions, Poetry Slam, Kunstkino, Improvisationstheater.

Drittens – ÖPNV. Der Nahverkehr wird in Albstadt momentan unter ausschließlich einem Aspekt behandelt: Es kursiert die Idee, die Talgangbahn wieder nutzbar zu machen. Ich bin persönlich aus mehreren Gründen gegen das Vorhaben. Die Sanierung der Strecke und Neuverlegung der Schienen würde sehr hohe Kosten verursachen, außerdem könnte die Reaktivierung unser Kernproblem nicht lösen: Die Bahn verläuft auf einer ohnehin vergleichsweise gut angebundenen Strecke, das Eyachtal und die entfernter liegenden Wohngegenden würden ignoriert. Stattdessen ist es notwendig, den Busverkehr auszuweiten –  abends und am Wochenende herrscht hoher Aufholbedarf.

Sanel Dacic: Liebe Lara, danke für das Gespräch.

Lara Herter: Ich danke dir, Sanel!

 

 

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Abgeordnete

Robin Mesarosch | Bundestagskandidat im Wahlkreis 295 Zollernalb-Sigmaringen für die SPD | Balingen, Albstadt, Meßstetten, Haigerloch, Schömberg, Sigmaringen, Bad Saulgau

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